Meldung vom 06.09.2015 Wespen, Hornissen und Bienen haben den Bereich der ILS Nordoberpfalz fest im Griff. Die Zahlen sind dramatisch angestiegen.
Sie bevölkern die Vitrinen der Bäckereien und vermiesen jede Grillparty. Wespen, Hornissen und Bienen haben den Bereich der Integrierten Leitstelle (ILS) Nordoberpfalz fest im Griff. In den letzten Wochen, bei subtropischen Temperaturen und Sonnenschein zog es die meisten Oberpfälzer ins Freie. Ob am Baggersee, im Freibad oder in der Lieblingseisdiele, beim Sport oder anderen Aktivitäten – Hauptsache, man war draußen. Gerade das kühle Eis, das leckere Stück Kuchen oder ein süffiges Radler lockten viele Insekten an, vor allem Wespen und heuer ganz speziell Hornissen.
106 Menschen mussten im Juli und August mit allergischen Reaktionen nach Insektenstichen in Kliniken oder am Einsatzort notärztlich versorgt werden. Im gleichen Zeitraum 2014 waren es 26. Das entspricht einer Steigerung um satte 308 Prozent. Patienten hätten nach Stichen oftmals nicht nur gerötete und geschwollene Einstichstellen, sondern auch Atemnot und starke lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen. Alleine im vergangenen August musste der Rettungsdienst und Notarzt in den Landkreisen Neustadt an der Waldnaab, Tirschenreuth und der Stadt Weiden zu 67 Wespen- und Hornissensticheinsätzen ausrücken. 2014 waren es „nur“ 15 Einsätze.
Auweia, das tut weh!
Im Normalfall ist ein Wespenstich zwar schmerzhaft, für einen erwachsenen Menschen aber ungefährlich. Die typischen Symptome eines Insektenstiches sind die rötliche Färbung der Haut direkt um die Einstichstelle, teils sehr starker Juckreiz, Schmerzen und ein Anschwellen der betroffenen Region. Anders sieht dies allerdings bei Menschen aus, die auf Insektenstiche allergisch reagieren. Die Folgen können von einer Verstärkung der oben genannten Symptome, über die Ausbreitung der allergischen Reaktion auf den gesamten Körper bis – im Extremfall – zum Tode führen.
Warum reagiert der Körper auf das Gift so extrem?
Kurz ausgedrückt ist eine unangemessene Überreaktion des eigenen Immunsystems Schuld daran. Ein „normal“ funktionierendes Immunsystem erkennt körperfremde Stoffe (wie zum Beispiel Bakterien oder Viren) und bekämpft diese. Diese Abwehrreaktion kann je nach Stoff und Menge ablaufen, ohne dass wir etwas bemerken oder aber es kommt zu einem Krankheitsausbruch (zum Beispiel mit Fieber). Es kann jedoch vorkommen, dass das Immunsystem unangemessen heftig auf eigentlich ungefährliche Stoffe reagiert und die körpereigene Abwehr mobilisiert. Hierbei werden mehrere Substanzen im Körper freigegeben, die wichtigste ist Histamin. Die vermehrte Ausschüttung von Histamin löst unterschiedliche Reaktionen im Körper aus. Die extremste Reaktion auf allergene Stoffe ist der allergische Schock (medizinisch: anaphylaktischer Schock), welcher durch eine plötzliche Umverteilung des Blutvolumens gekennzeichnet ist.
Hierbei können Haut, Luftwege, Blutkreislauf und Magen-Darmtrakt einzeln oder als Komplex reagieren. Die Schwere der Reaktion kann in vier Stufen unterteilt werden: Bei einem anaphylaktischen Schock, wird durch die Ausschüttung zum Beispiel von Histamin eine lebensbedrohliche Kettenreaktion ausgelöst. Durch die Erweiterung der Blutgefäße sinkt der Blutdruck so schnell ab, dass eine Durchblutung aller Organe nicht mehr gewährleistet werden kann. Hinzukommt, dass bei einem Schock Flüssigkeiten aus den Gefäßen austreten können und sich als Ödeme im Gewebe ablagern. Durch die Minderdurchblutung bricht der Kreislauf zusammen, es kann zu starker Atemnot kommen – bis hin zum Herzkreislaufstillstand.
Die allergische Reaktion auf einen Wespenstich erfolgt in der Regel unmittelbar nach dem Eindringen des Giftes in den Körper und kann sich innerhalb kürzester Zeit zu einer lebensbedrohlichen Situation entwickeln. Daher ist es wichtig, dass die Therapie schnell beginnt, um eine zunehmende Verschlechterung des Zustandes zu unterbrechen. Da ein Notarzt in vielen Fällen in dieser sehr kurzen Zeitspanne nicht vor Ort sein kann, ist es wichtig, dass Allergiker ein Notfallset mit den passenden Medikamenten ständig bei sich tragen.
Was kann der Ersthelfer bei einem Wespenstich tun?
Wie bei allen Verletzungen oder Erkrankungen ist die erste Regel auch hier: Ruhe bewahren! Dies gilt sowohl für die betroffene Person und den Ersthelfer, als auch für alle Umstehenden. Hektik oder gar Panik hilft in einer Notsituation keinem. Die betroffene Person soll sich hinsetzen, möglichst in den Schatten oder auch ins Haus, um eine erneute Konfrontation mit Wespen oder Bienen zu vermeiden. Kühlen Sie die Einstichstelle beispielsweise mit einem Eisbeutel (nicht direkt auf die Haut legen, sondern vorher zum Beispiel ein Handtuch herumwickeln).
Fragen Sie den Betroffenen, ob eine Allergie gegen Insektenstiche bekannt ist. Wenn ja, fragen Sie ob er ein Notfallset bei sich hat. Helfen Sie dem Betroffenen im Zweifel bei der Einnahme der Medikamente. Im Normalfall ist ein Wespenstich zwar eine schmerzhafte, aber keine gefährliche Angelegenheit. Bei einem Allergiker kann sich der Zustand jedoch rapide verschlechtern. Bleiben Sie daher die gesamte Zeit bei dem Patienten, beobachten Sie seine Reaktionen und die Einstichstelle. Entwickeln sich übermäßige Schwellungen? Breitet sich die Rötung weit über die Einstichstelle aus? Bekommt der Betroffene Ausschlag oder sogar Atemnot? Ist dieses der Fall, muss frühzeitig der Rettungsdienst über die Notrufnummer 112 alarmiert werden.
Auch wenn eine schwere anaphylaktische Reaktion selten ist, im Einzelfall können Menschen äußerst empfindlich auf Insektenstiche reagieren. Rasche Hilfe ist hier lebensrettend! Wird eine Person in den Gesichts- bzw. Halsbereich oder von innen in den Rachen (z.B. durch Verschlucken) gestochen, sollte in jedem Fall sofort der Rettungsdienst alarmiert werden. Auch bei Menschen, die nicht übermäßig auf Wespengift reagieren, könnten diese Bereiche so stark anschwellen, dass der Betroffene keine Luft mehr bekommt.
Sollte der Patient einen anaphylaktischen Schock entwickeln (sehr niedriger Blutdruck, Bewusstseinsstörung, schneller Puls), sollte er in die Schocklage (Beine hochlagern) verbracht werden. Rufen Sie spätestens jetzt die 112. Kontrollieren Sie ständig die Vitalfunktionen. Sollte tatsächlich der seltene Fall eintreten, dass der Betroffene einen Herzkreislaufstillstand erleidet, beginnen Sie sofort mit der Wiederbelebung.